Österreich gehört heute trotz seiner geringen Größe zu den 10 reichsten Ländern der Welt. Trotzdem ist es selbst bei den so genannten Linken mit der Erkenntnis des imperialistischen Charakters der österreichischen Bourgeoisie nicht weit her. Wie sonst soll man die Aufrufe zur Verteidigung der Neutralität, Pamphlete, worin größere Begeisterung für die österreichische Fahne und ein „proletarischer Patriotismus“ gefordert werden, usw., verstehen. Abseits von der Tatsache, dass Kommunist/innen immer den proletarischen Internationalismus propagieren, ist der Patriotismus selbst in unterdrückten Ländern im besten Fall ein zweischneidiges Schwert, in imperialistischen Ländern wie Österreich dient er nur der Bourgeoisie.
Österreich als Großmacht
Österreich-Ungarn war um die vorige Jahrhundertwende (Anfang 20. Jahrhundert) eine der politisch rückständigsten imperialistischen Großmächte, vielleicht nur übertroffen vom zaristischen Russland, und ebenso wie dieses eine Bastion der europäischen Reaktion. Zu seinen Kolonien gehörten neben Ungarn, Slowakei, Tschechien auch große Teile Balkans (Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Teile Serbiens und Rumäniens), Galizien (Ukraine) und Teile Polens. Das Habsburger-Reich war ein Völkerkerker, die nationale Unterdrückung, vor allem der Slawen (welche einen großen Teil der Bevölkerung ausmachten), stand auf der Tagesordnung. Dabei setzte die herrschende Klasse auf das bewährte Konzept „teile und herrsche“. Der Grad der nationalen Unterdrückung wechselte von Nation zu Nation. Während die Ungarn dem Gesetz nach weitgehend gleichberechtigt waren, wurden anderen Nationen jegliche Rechte abgesprochen. Diese Teilung der Unterdrückten nutzten die österreichischen Herrschenden immer wieder dazu aus, um fortschrittliche Bewegungen zu zerschlagen (z.B. Revolution 1848). Neben den offenkundigen Kolonien waren mehrere Staaten, vor allem am Balkan, in halbkoloniale Abhängigkeit zu Österreich-Ungarn geraten. Ihre Politik wurde von den Profitinteressen der österreichischen Bourgeoisie bestimmt. Das Bankenwesen dieser Staaten war in den Händen einiger wenigen Bankiers aus London, Paris, Berlin, Wien. Sie waren gezwungen, einen enormen Militärapparat aufrecht zu erhalten (welchen sie sich nicht leisten konnten) und mit Hilfe von Staatsanleihen weiter auszubauen, um einen Absatzmarkt für die Rüstungsindustrie der Imperialisten zu schaffen, eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder wurde untergraben, usw. Im Vorfeld des Ersten Weltkriegs kam es vor allem infolge der Konkurrenz zwischen Österreich-Ungarn und Russland bei der Aufteilung des Erbes des maroden Osmanischen Reiches am Balkan zu mehreren Kriegen. Die Ergebnisse dieser imperialistischen Einmischung Österreich-Ungarns lieferten und liefern heute noch eine hervorragende Grundlage für blutige Kriege in dieser Region. Die Interessen Österreich-Ungarns am Balkan lieferten auch den Vorwand für den ersten Weltkrieg.
Nach der Niederlage im Krieg ist das Habsburger Reich auseinander gefallen. Der „übrig gebliebene Rest“ Österreichs verlor seinen Status als imperialistische Macht. Österreich erlitt das gleiche Schicksal, welches es den Nationen Osteuropas und Balkans Jahrzehnte, zum Teil Jahrhunderte lang, aufzwang. Es wurde zum Spielball der Imperialisten, seine Außen- und Innenpolitik hatte deren Interessen zu dienen. Der „Anschluss“ an Deutschland 1938 wurde von der österreichischen Bourgeoisie frenetisch begrüßt. Schließlich sahen sie endlich die Möglichkeit gekommen, zwar nicht als eigenständige imperialistische Bourgeoisie aber als „aufrechte Deutsche“, die alten Einflusszonen in Osteuropa und am Balkan zurückzuerobern. Die Fähigkeit zur Unterdrückung, welche sie sich während der Habsburger-Monarchie aneignen konnte, ließ sich im Rahmen des Projekts „Tausendjähriges Reich“ hervorragend einsetzen. Es war die logischste aller Folgen, dass die Österreicher in ehemaligen Kolonien Österreich-Ungarns zum Einsatz kamen und sich durch ihre Grausamkeiten „hervortaten“.
Zweite Republik
Auch im Zweiten Weltkrieg befand sich Österreich auf der Verliererseite. Allerdings schaffte es die österreichische Bourgeoisie, sich als erstes Opfer Nazi-Deutschlands zu inszenieren. Dass Österreich von den Alliierten diesen Status zugesprochen bekam, liegt vor allem am aufopfernden Kampf der österreichischen Widerstandskämpfer/innen, vor allem der slowenischen Partisan/innen in Kärnten. Die österreichische Bourgeoisie dankte es ihnen, indem sie alle ihnen gegenüber abgegebenen Versprechen brach.
Die deutschen Betriebe, zum Teil aus „arisiertem Eigentum“ bestehend, wurden verstaatlicht, allerdings nicht mit dem Ziel die deutsche Bourgeoisie zu schwächen, sondern um zu verhindern, dass aus diesen Mitteln die Reparationen an die von der Nazi-Wehrmacht zerstörten Länder geleistet werden. Diese Verstaatlichung lieferte außerdem die Basis für die Rückkehr Österreichs in die Reihen der Imperialisten. Die Verstaatlichte Industrie diente und dient auch heute den Interessen der österreichischen Bourgeoisie. Dank dem Modernisierungsschub, vor allem unter der Kreisky-Regierung, und der besonderen Position, welche es als „neutrales Land“ zwischen dem „Osten“ und „Westen“ einnahm, konnte sich Österreich Schritt für Schritt wieder als imperialistisches Land etablieren. Vor allem die „Neutralität“ ermöglichte Österreich Sonderhandelsbeziehungen mit dem „Ost-Block“ und machte es als Drehscheibe unerlässlich. Die gleiche „Neutralität“ hinderte Österreich aber nicht daran, überall auf der Welt an Militäreinsätzen teilzunehmen und dort die Profitinteressen der Bourgeoisie zu verteidigen.
Der EU-Beitritt 1995 und der Zusammenbruch des „Ost-Blocks“ ermöglichten der österreichischen Bourgeoisie, sich wieder direkt in ihren ehemaligen Kolonien einzumischen. Es waren nicht die USA, welche die Völker Balkans in den neuerlichen blutigen Krieg stürzten, sondern vor allem die österreichischen und deutschen Imperialisten. Österreich gehörte zu den wichtigsten Förderern der Zerschlagung Jugoslawiens. Es war der erste Staat der Welt, der die Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens anerkannte. Es waren die österreichischen Spitzenpolitiker aller Couleurs, von schwarz bis grün, und deren Lakaien am Balkan, welche die Völker Jugoslawiens aufeinander hetzten. Die damals getätigten Investitionen (Unterstützung für verschieden Paramilitärs) trugen Früchte. Die österreichische Bourgeoisie nutzte die Chance, welche ihr die geographische und historische Nähe zu Osteuropa und dem Balkan bot. Was den Gesamtstand der getätigten ausländischen Direktinvestitionen betrifft, liegt Österreich in Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Slowenien und Bulgarien auf dem ersten, in Rumänien auf dem zweiten, in der Tschechischen Republik, Ungarn, Slowakei, Ukraine und Serbien auf dem dritten, und in Polen und Litauen auf dem 5. bzw. 9. Platz (Quelle: WIIW-Datenbank Mai 2006). Wenn man den Gesamtstand der österreichischen Direktinvestitionen nur in den, für die österreichischen Investoren, 14 wichtigsten ost- bzw. südosteuropäischen Ländern (ohne Russland) ausrechnet, kommt man auf ca. 237 Mrd. €. Das sind ca. vier Fünftel des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. (siehe Tabelle) Diese Regionen sind gleichzeitig die profitabelsten für die österreichischen Monopole. (Quelle: „Aktuelle Ergebnisse der österreichischen Direktinvestitionen“, Österreichische Nationalbank)
Diese „Erfolge“ Österreichs wären, wie schon erwähnt, ohne die EU nicht möglich gewesen. Ohne die EU-Mitgliedschaft wäre so eine Expansion unmöglich gewesen. Diese Mitgliedschaft verleiht den österreichischen Imperialisten politische und auch militärische Macht (wie man/frau am derzeitigen Einsatz im Tschad ersehen kann), welche es alleine nicht aufbringen könnten. Das ist der österreichischen Bourgeoisie und ihren Vertretern im Parlament bewusst. Das Wettern der Herren Faymann, Strache oder Haider gegen die EU dient nur dazu die österreichischen Arbeiter und Arbeiterinnen zu blenden. Schließlich eignet sich „Brüssel“ hervorragend, um unpopuläre Maßnahmen zu rechtfertigen. In der Realität gehört Österreich zu jenen imperialistischen Kräften in der EU, die am stärksten daran interessiert sind, die EU als Konkurrenz vor allem zu den USA, aber auch zu Russland aufzubauen. Jedenfalls sind die Unternehmungen in Osteuropa für die österreichischen Herrschenden sehr profitabel. Anzunehmen sie würden sich auf diese Gebiete beschränken wäre allerdings äußerst blauäugig. Das Gerede vom Friedensprojekt EUropa ändert nichts am imperialistischen Charakter der EU. Angesichts der führenden Rolle des deutschen Imperialismus bei diesem Projekt des Monopolkapitals, drängt sich der Vergleich zum Eroberungszug Nazi-Deutschlands auf. Schließlich diente derselbe, aus der Sicht des deutschen Imperialismus, auch der Befriedung Europas.
Österreichischer Imperialismus raus aus Ost- und Südosteuropa!
Abzug aller österreichischen Truppen aus fremden Ländern!
Keinen Cent und keine Person für den österreichischen Imperialismus!
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Österreich als Direktinvestor in Osteuropa
Land — Rang in Investoren-Liste — Direktinvestitionen (Stand in Mrd. EUR) — Österr. Anteil in %
Bosnien-Herzegowina -1.Platz -1,96 Mrd. EUR- 32,7%
Kroatien – 1.- 13,19- 29,0
Bulgarien – 1.- 8,53- 28,3
Slowenien – 1.- 5,56- 27,9
Rumänien – 2.- 15,04- 15,7
Slowakei – 3.- 11,02- 14,7
Serbien – 3.- 3,04- 11,8
Ungarn – 3.- 40,40- 11,4
Tschechien – 3.- 42,04- 11,2
Ukraine – 3.- 13,85- 8,7
Polen – 5.- 62,69- 5,0
Litauen – 9.- 5,45- 2,7
Estland – 10.- 10,37- 1,1
Lettland – 13.- 4,04- 1,4
Quelle: WIIW-Datenbank Mai 2006